Kulturelles/Reisen

Choeung Ek. Killing Fields.

Choeung Ek Gedenkzentrum Killing Fields

Massenmord am eigenen Volk. Die Geschichte der Roten Khmer. Vielen ist allein schon der Begriff der Roten Khmer oder Khmer Rouge nicht sonderlich geläufig. Wer sich nicht bewusst mit dem politischen Geschehen in der Welt auseinandersetzt, für den ist die Herrschaft der Roten Khmer in Kambodscha leider neu. Spätestens seit dem Bekanntwerden des Khmer-Rouge-Tribunals ist die vergangene Schreckensherrschaft nicht mehr zu verleugnen. Das Wort oder die Stätte „Killing Fields“ sagt jedoch vielen Etwas und spätestens nach einem Besuch, möchte man alles über die Roten Khmer wissen.

Wer schon einmal ein KZ betreten hat, kennt dieses bedrückende Gefühl und dieses Unbehagen, das einen überkommt. Es ist das gleiche Empfinden, wenn man durch das Tor auf das Gelände von Choeung Ek gelangt. Es sieht so wunderbar friedlich aus und dennoch ist es ein Ort, an dem Brutalität zur Tagesordnung gehörte. Vom Eingang aus erblickt man einen schönen hohen Turm, eine sogenannte buddhistische Stupa. Aber wie der Audioguide, komme ich später darauf zurück.

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Der Audioguide an sich ist schon einen Besuch Wert. Er ist wohl einer der Besten der Welt und ermöglicht einen Einblick, den die wenigen Tafeln nicht wiederspiegeln können. Er beantwortet Fragen, die helfen nicht nur die Vergangenheit zu verstehen, sondern hinterlässt auch ein Hauch von Gefühlen, was die Menschen während dieser Zeit durchgemacht haben.

Am 17. April 1975 marschierten die Roten Khmer in die Hauptstadt Phnom Penh ein. Sie wurden freudestrahlend und jubelnd begrüßt, denn zu diesem Zeitpunkt war niemandem bewusst, was folgen würde. Innerhalb von drei Tagen räumte die Armee die komplette Stadt (rund zwei Millionen Menschen!) und verteilten das Volk auf die umliegenden Regionen. Bereits auf den tagelangen Märschen dorthin, starben unzählige Menschen. Wer überlebte wurde zur Feldarbeit auf Reis- und Obstplantagen gezwungen. Die Roten Khmer verfolgten das Ziel des sogenannten Agrarkommunismus unter der Diktatur von Pol Pot. Innerhalb von drei Jahren fielen mindestens 1,7 Millionen Menschen der Herrschaft zum Opfer. Fast ein Viertel der Gesamtbevölkerung. Genaue Zahlen kennt niemand.

Regierungsgegner, Verräter oder welche, die jemandem ein Dorn im Auge waren, gelangten als Endstation zu den sogenannten Killing Fields. Davon existieren rund 300 in Kambodscha. Als die größte Fläche gilt Choeung Ek, südlich von Phnom Penh gelegen. Menschen, darunter viele aus dem Toul-Sleng-Gefängnis, die hierher gelangten, wurden auf brutale Weise ermordet und in Massengräber geworfen. Schusswaffen kamen nie zum Einsatz. Die Munition galt als zu teuer, sodass Stöcke, Hammer, Nägel oder andere einfache Gegenstände benutzt wurden.
Bis zu 17.000 Menschen wurden in Choeung Ek auf diese Art exekutiert. Das Letzte was sie hören bekamen, waren blechernd-lärmende Volkslieder gemischt mit eintönigen Generatorengeräuschen – ein Hörspiel, wie aus einem Horrorfilm.

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Ebenso unvorstellbar grausam ist der auf dem Gelände befindende Killing Tree. Heute ein Baum, an dem viele bunte Armbänder befestigt sind. Eins für mindestens ein Kind. Männer der Roten Khmer erschlugen an diesem Baum Neugeborene und Kleinkinder. Oft vor den Augen der Mutter.

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Bis heute wurden nicht alle Opfer geborgen. Noch immer befinden sich zahlreiche Überreste auf den Killing Fields von Choeung Ek. Noch immer werden jedes Jahr durch die Regenzeit Knochen und Kleiderfetzen freigesetzt, die von den Cheoung Ek-Wächtern behutsam aufgesammelt und in Glaskästen aufbewahrt werden.

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Alle Knochen aus den Massengraebern werden heute in der Stupa aufbewahrt. Auf verschiedenen Ebenen wurden die Knochenteile gestapelt und sollen den Verstorbenen einen Ort der Ruhe geben. Wem es nicht zu viel ist, der kann diese Stupa begehen. Hinter Glasscheiben befinden sich zahlreiche Schädel, an denen die Todesursache sichtlich erkennbar ist. Das Innere habe ich bewusst nicht fotografiert.

Bei jedem Schritt über den Killing Fields bewegt man sich mit den Greueltaten und mit den Verstorbenen. Ein Gefühl, dass man nicht so schnell vergisst. Wer anschließend das Tuol Sleng Gefängnis oder auch S-21 begeht, wird mindestens einen Tag brauchen, um wieder durchatmen zu können. Wer mehr darüber wissen will, der sollte dem deutsch-kambodschanischem Metahouse ein Besuch abstatten. Hier gibt es neben dem Goethe-Institute eine Ausstellung und oberhalb befindet sich ein Kino. Neben dem bekannten Film „The Killing Fields“ werden hier auch Produktionen von Nachwuchsfilmemachern gezeigt, die das Thema der Vergangenheitsbewältigung aufgreifen. So erfuhren wir, während eine Diskussionsrunde, dass lange Zeit über die Roten Khmer nicht gesprochen wurde. Selbst in Schulen wurde dieses Kapitel vom Unterrichtsplan gestrichen. Noch heute wissen viele einfach nichts über diese Vergangenheit. Wie durchaus relevant jedoch die Auseinandersetzung mit geschichtlichen Ereignissen ist, dass sollte vor allem uns bewusst sein.

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